Wie sieht dein Coaching Alltag mit den Talenten aus und welche Eigenschaften muss ein Coach mitbringen, um Spieler*innen zu entwickeln?
Genauso wie bei all unseren geförderten Spieler*innen spielt Sport in meinem Alltag eine wichtige Rolle. Meist stehe ich um 7 Uhr auf und dann führt mich der Weg direkt ins Fitnessstudio.
Der richtige Arbeitstag startet für mich meist um 9 Uhr. Bevor ich die Talente aus dem Female Player Program coache, schaue ich mir erstmal die LCK (League of Legends Champions Korea) oder die chinesische LPL (League of Legends Pro League) an. Oftmals kann ich aus den Übertragungen viel Videomaterial für meine Coaching Sessions ziehen. Dies dient dann vor allem als Anschauungsmaterial für die Spieler*innen. Um 11 Uhr startet dann immer die erste Coaching Session. Hierfür reichen mir die Spieler*innen im voraus immer aufgezeichnete Spiele ein, die wir dann gemeinsam analysieren. Für die Tage ohne Coachings erhalten meine Spieler*innen am Ende jeder Einheit immer Aufgaben.
Wie bereits oben beschrieben, schaue ich viel nach links und rechts, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben was LoL betrifft. Ein guter Coach muss sich dauerhaft fortbilden. Dazu muss er in der Lage sein, seine Spieler*innen durchgehend an die Leistungsgrenze zu bringen. Nur so können sich Talente weiterentwickeln. Ebenso ist für mich ein Coach gut, wenn er in der Lage ist, seine Spieler*innen zu führen. Das bedeutet für mich, dass ich den Spieler*innen ein Ziel setze und sie auf diesem Weg dauerhaft begleite. Ebenso muss ein Coach ermutigend sein, er muss in der Lage sein, seine Spieler*innen aus Tiefs herauszuführen.
Inzwischen ist bekannt, dass Talent allein nicht mehr ausreicht. Sind daher die Förderbausteine der epf wie Sportpsychologische Betreuung oder Fitness Training essentiell für eine erfolgreiche Karriere?
Die epf hat neue Maßstäbe im Bezug auf die ganzheitliche Förderung, gesetzt. Ich bin froh, dass die epf diese Bausteine anbietet, weil ich sie für eine langanhaltende Karriere notwendig halte. Ich merke insbesondere, dass die Spieler*innen durch das Fitnesstraining und die Sportpsychologischen Betreuung enorme Fortschritte und mehr Selbstvertrauen bekommen und mehr an sich glauben.
Der Grundsatz, den Menschen außerhalb des Spiels zu fördern und davon im Spiel zu profitieren, ist ein Ansatz, der sich in den kommenden Jahren in allen Teams etablieren wird. Für mich ist es eine Bedingung, um als Team erfolgreich zu sein. Teams wie Rogue oder MAD Lions sind damit bereits sehr erfolgreich unterwegs.
Eine der geförderten Spieler*innen (Caltys) hat nun ihren ersten Profi Vertrag in der EBL unterschrieben. Bist du davon überzeugt, dass wir in den kommenden Jahren immer mehr Frauen in den Profiligen sehen werden? Eigentlich, so belegen es Studien, besitzen Frauen und Männer dieselbe Leistungsstärke im Esport. Kannst du das bestätigen?
Maya ist die erste Spielerin, die in den ERL spielt. Ich bin mir sicher, dass sie nicht die letzte sein wird. Wir müssen weg von Stigmatisierungen und Vorurteilen gegenüber Frauen, Transgendern etc.. Das ist aber ein Prozess, der eine gewisse Zeit mit sich bringt und hier bedarf es auch der Unterstützung der gesamten Gesellschaft. Das Gender darf keine Rolle spielen, vielmehr muss die reine Leistungsfähigkeit im Fokus stehen.
Maya war genauso davon betroffen und es war sehr hart sie zu vermitteln, obwohl ihre spielerische Leistungsfähigkeit besser ist als von manchen männlichen Alternativen.
In der sogenannten “Offseason” habe ich mit sehr vielen Trainer*innen und Manager*innen gesprochen, um ihre Chancen auf ein Tryout zu erhöhen. Leider wurde ich von vielen Organisationen nur belächelt, als ich erwähnte, dass Maya eine Frau ist. Dadurch war die Anzahl an Tryouts sehr gering. Das Problem ist also nicht die Leistungsfähigkeit der Spieler*innen, sondern der Fakt, dass die Organisationen einfach noch nicht bereit dafür sind.
Was ist für dich das wichtigste was du deinen Spieler*innen mit auf den Weg geben willst?
Ich denke zuallererst müssen ich und die epf ihnen zeigen, dass wir sie und ihren Wunsch von einer professionellen Karriere ernst nehmen. Ansonsten versuche ihnen mitzugeben, was eine Spieler*in braucht, um einmal professionell spielen zu können. Dazu gehört abseits von LoL vor allem ein geregelter Tagesablauf und eine gesunde Ernährung. Ingame spezifisch geht es mir dann um Selbstvertrauen, den Willen immer besser zu werden und vor allem, dass sie selbst an sich glauben müssen - gerade weil sehr viele sie belächeln und sie mit sexistischen Kommentaren abstempeln. “Sometimes you have to be your own biggest Cheerleader” - Serena Williams
Leider, so ehrlich muss man sein, gehört das Scheitern auch im Esport dazu. Was rätst du deinen Spieler*innen, und generell jungen Spieler*innen die LoL bisher nicht leistungsorientiert spielen?
Im Vordergrund steht der Spaß am Spiel. Und das ist die Hauptsache. Dennoch gehören bei allen Spieler*innen, da bin ich mir sicher, Träume dazu. Aus meiner Sicht erreicht man Träume nur, wenn man Ziele hat.
In jeder (E)sportler*innen Karriere gibt es Höhen und Tiefen. Besonders Tiefen sind wichtig, denn daraus wächst man. Spieler*innen, die am Ende erfolgreich sind, bleiben auch in Tiefs weiter am Ball und kommen stärker zurück. Der Schlüssel zum Erfolg ist somit, immer an sich und seine eigenen Fähigkeiten zu glauben.